Tarot Robert von Heeren

Die kleinen Arkana des Rider-Waite-Tarot

Ausdrucksformen der vier Elemente in zehn Manifestationsstufen

 

I. Das Ass der Münzen/Pentakel
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Die 40 kleinen Arkana wurden früher als Zahlenkarten bezeichnet, weil sie vor Waite meistens nur die quantitative Anzahl der jeweiligen Elemente anzeigten – so wie es bei den heutigen Spielkarten der Fall ist. Erst Waite hat ihnen eine individuelle und wie bei den großen Arkana mehrdeutige Symbolik verliehen, die diese so genannten „Nebentrümpfe“ deutlich aufwerteten. Waite tut in seinem „Bilderschlüssel“ zwar so, als ob die kleinen Arkana den großen untergeordnet und nur fürs Kartenlegen gedacht wären. Trotzdem enthalten sie eine deutlich tiefer gehende Symbolik: Caduceus (II der Kelche), Gral (Ass der Kelche), Farben- und Zahlensymbolik u.v.m. Wieso diese Widersprüchlichkeit? Für Esoteriker dieser Zeit war sie typisch und meistens absichtlich. Waite wusste m.E. genau, dass gerade sie zum tieferen Studium der Karten reizt. Ich sehe darin so etwas wie „aus der Not eine Tugend machen“. Als Vorstand und Mitglied esoterischer Logen unterlag er einem Schweigegelübde. Es war ihm nicht erlaubt, bestimmtes Logenwissen zu veröffentlichen. Die offensichtlichen Widersprüche und geheimnisvollen Andeutungen sind ein (altgedienter) pädagogischer Kunstgriff, ein Fingerzeig auf tiefer liegende Bedeutungen der Karten – ohne sie preiszugeben.

Die Systematik, mit der Waite und Colman-Smith (ihr inhaltlicher Einfluß auf die Kartenentwürfe ist wahrscheinlich, da sie auch Logenmitglied war) den kleinen Arkana symbolische Szenen und Situationen verliehen hat, ist jedenfalls beeindruckend. So können die 40 kleinen Arkana als vier eigenständige Manifestations-Zyklen im Tarot von jeweils der Eins/Ass bis zur Zehn gesehen werden. Die kabbalistischen Bezüge zu den zehn Sephira des Baum des Lebens sind dabei unübersehbar: der vierfache Lebensbaum in den Erscheinungsformen der vier Elemente. Er erscheint sogar direkt in der letzten Karte der kleinen Arkana: der X. der Münzen/Pentakel (sie symbolisiert die festeste Manifestationsform, Erde in Erde).
 
Obwohl jede Elemente-Serie ihren Höhepunkt in der Xer-Karte findet und in sich abgeschlossen ist, kann man sie gleichzeitig auch als Vorbereitung und Ergänzung der vier Hofkarten des gleichen Elements verstehen. Deswegen werden die 16 Hofkarten oft zu den 40 kleinen Arkana hinzugezählt, so dass meistens von 56 kleinen Arkana gesprochen wird. Da die 16 Hofkarten im Tarot jedoch eine kleine Welt für sich darstellen und einen anderen symbolischen Schwerpunkt setzen, sehe ich in ihnen eine eigenes abgeschlossenes System.
 
Jede Serie der kleinen Arkana ist einem Element gewidmet: es gibt je zehn Karten der Stäbe=Feuer (engl. Wands = Stab oder auch Zauberstab), der Kelche=Wasser (engl. Cups), der Schwerter=Luft (engl. Swords) und der Pentakel/Münzen=Erde (engl. Coins oder Pentacles). Waite sah also in diesen Karten mehr als nur die quantitative Anhäufung von Elementen. Er sah sie als Ausdrucksformen der zehn Energiesphären des kabbalistischen Lebensbaumes, wobei die Asse an oberster Stelle die höchste und immateriellste Ursprungsenergiesphäre „Kether“ (Krone) des Lebensbaumes und die Zehner-Karten die unterste, materiellste Verwirklichungs-Ebene „Malkuth“ (Das Weltreich) repräsentieren. So führen die 40 kleinen Arkana in anderer Weise das aus, was der Magier auf seinem Tisch in ursprünglicher Form vorfindet: jedes der vier Elemente ist eine Welt für sich. Sie entsprechen den vier kabbalistischen Welten Atziluth, Beriah, Jetzirah und Malkuth. In Kombination mit den zehn Manifestationsstufen des Lebensbaumes ergeben sich die insgesamt 40 Erscheinungs- und Entwicklungsformen der Schöpfung.
 
Waite hat somit die kleinen Arkana aus ihrem Schattendasein als Tarot-Beiwerk herausgeholt und zur zweiten, gleichberechtigten tragenden Säule seines Tarot-Kunstwerkes geformt. Die 22 großen Arkana bilden die erste, die 16 Hofkarten bilden die dritte und letzte Säule.

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