Tarot Robert von Heeren

Die großen Arkana des Rider-Waite-Tarot

Die Reise des Helden und Sinnbild des Initiationsprozesses

Im Mittelpunkt als „Hauptsäule“ des Rider-Waite-Tarot stehen die 21 großen Arkana plus die Karte Null - Der Narr. Ihre Reihenfolge im Rider-Waite-Tarot:

I - Der Magier
(The Magician)
XII - Der hängende Mann
(The Hanged Man)
X. Rad des Schicksals des Rider-Waite-Tarot
 
Illustrations from the Giant Rider-Waite Tarot Deck
reproduced by permission of U.S. Games Systems, Inc., Stamford, CT 06902 USA.
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II - Die Hohepriesterin
(The High Priestess)
XIII - Der Tod
(Death)
 
III - Die Herrscherin
(The Empress)
XIV - Die Mäßigkeit
(Temperance)
 
IV - Der Herrscher
(The Emperor)
XV - Der Teufel
(The Devil)
 
V - Der Hierophant
(The Hierophant)
XVI - Der Turm
(Tower)
 
VI - Die Liebenden
(The Lovers)
XVII - Der Stern
(The Star)
 
VII - Der Wagen
(The Chariot)
XVIII - Der Mond
(The Moon)
 
VIII - Die Kraft
(Strength)
XIX - Die Sonne
(The Sun)
 
IX - Der Eremit
(The Hermit)
XX - Das Gericht
(Judgement)
 
X - Rad des Schicksals
(Wheel of Fortune)
XXI - Die Welt
(The World)
 
XI - Die Gerechtigkeit
(Justice)
0 - Der Narr
(The Fool)
 

Hinweise zu den Übersetzungen: Die englischen Bezeichnungen der Karten in Klammern sind die Originale Waites (verlinkt auf die entsprechenden Originaltexte Waites). Die oben aufgeführten deutschen Übersetzungen stammen von den offiziellen deutschen Rider-Tarot-Ausgaben, sind aber nie von Waite authorisiert worden und teilweise irreführend. So passt z.B. X „Das Glücksrad“ etwas besser zum englischen Begriff Fortune als „Rad des Schicksals“ (das wäre englisch wheel of fate). Fortune ist nicht so einseitig negativ besetzt wie unser „Schicksal“s-Begriff, bedeutet aber nicht nur Glück. Die englische Sprache folgt hier der römischen Göttin Fortuna, die für den unberechenbaren Wechsel von Glück und Unglück stand. Im Deutschen haben wir keinen passenden Begriff dafür. Besser ist „Das ewige Auf und Ab“ oder gleich „Das Rad der Fortuna“. Auch „XIV Temperance“ ist unzureichend mit „Mäßigkeit“ übersetzt. Es meint tatsächlich die Temperierung, eine Feinabstimmung, ein Ausgleich der Gegensätze. Deshalb wird manchmal als Übersetzung auch Ausgleichung oder Mischung verwendet. Temperierung ist ein fester Begriff in der Musik für die seit mehreren Jahrhunderten gebräuchliche wohltemperierte Stimmung. Der Begriff hat mit harmonischem Ausgleich oder auch Harmonisierung und Gleichgewicht zu tun - eben Stimmung oder Ein-/Nachstimmung im Sinne der Nachjustierung. So gesehen ist „Mäßigkeit“ eine falsche Übersetzung. Und „Judgement“ bedeutet nicht nur göttliches Jüngstes Gericht, sondern auch Urteil und im übertragenen Sinne sogar Einsicht. Für das tiefere Verständnis des Rider-Waite-Tarots sollte man sich an den von Waite gewählten englischen Originalbegriffen orientieren.
 
Arkana kommt von Arkanum, dem Geheimnis. Das spielt auf die tiefere Bedeutung der 22 „Haupttrümpfe“ des Rider-Tarot an. Für Waite lag dieses Geheimnis vor allem darin, dass die 22 Bildkarten den spirituellen Pfad der Initiation symbolisieren. Beginnend als unerfahrener „Narr“ beschreitet der Mensch (I Der Magier) den Weg zur Vollkommenheit (XXI Die Welt). Er durchläuft archetypische Entwicklungsstationen, erlebt den Wechsel von willentlicher Selbstbestimmung, Verbindung, Schicksal, Ohnmacht, Fehler, Tod und letztlich - wenn alles gut geht - der Wiedergeburt auf einer neuen Ebene. Welche Prüfungen und Lernprozesse er dabei absolvieren muss schildern die 21 großen Arkana auf vielschichtige Weise im Sinne eines Erfahrungs- und Einweihungszyklus.
 
Die Reihenfolge der großen Arkana ist trotz augenscheinlicher Numerierung nicht eindeutig. So wird vor allem über die Position des Narren spekuliert. Dies liegt daran, dass in der römischen Bezifferung der Karten kein Platz für die arabische Null ist. Waite platzierte ihn zwar der Tradition entsprechend zwischen XX Gericht und XXI Welt. Er meinte aber, dass der Narr genauso gut am Anfang der Serie stehen kann und eigentlich eine zahlenlose Karte ist. Andere sehen den Narren als Bindeglied zwischen der letzten Karte XXI Die Welt und I Der Magier. Wenn man die Karten kreisförmig auslegt ist er dann das Bindeglied zwischen Anfang und Ende. In gewisser Weise faßt der Narr das Potenzial für alle anderen 21 großen Arkana in sich zusammen. Für Waite war es die wichtigste Karte.
 
Die großen Arkana beschreiben einen Lebenskreislauf, der aus archetypischen Entwicklungsstationen und Reifestufen des menschlichen Lebens besteht. Waite hat gegenüber anderen Tarot-Decks und -Überlieferungen eine rätselhafte Veränderung in der Reihenfolge vorgenommen: die Karten XI. Gerechtigkeit und VIII. Kraft wurden vertauscht. Den Grund dafür hat er nicht verraten. Er wird aber bei eingehendem Studium der kabbalistischen Bezüge dieser beiden Karten nachvollziehbar.
 
In der Gesamt-Konzeption ist dieses Tarot-Deck nicht nur optisch ansprechend gestaltet, sondern wegweisend tiefgründig und erstaunlich durchdacht. Mit den großen Arkana haben sich Arthur Edward Waite (1857-1942) Waite und die Malerin Pamela Colman-Smith (1878-1951) besonders viel Mühe gegeben. Hier tauchen alle wesentlichen Symbole und Inhalte des gesamten Tarot-Konzeptes auf: Die magischen vier Elemente („Paraphernalia“ auf dem Tisch von I Der Magier) als Bausteine und Werkzeuge des Lebens, Buchstaben des hebräischen Alphabets (z.B. im X Rad des Schicksals), Symbole der Astrologie (Venus in III Herrscherin, XVIII Der Mond, XIX Die Sonne), der christlichen Mystik (z.B. Erzengel in VI Die Liebenden oder XX Das Gericht), der Alchemie (VII Der Wagen) und der Kabbala (Tora und Lebensbaum in II Die Hohepriesterin, Numerologie in jeder Karte). Die Stäbe keimen bei Waite (XII Der Gehängte), sind lebendig, ein Symbol der unzähmbaren feurigen Lebens- und Zeugungskraft. Die Kelche sehen wie Gralskelche aus: Symbol für das Element Wasser, die heilige Empfänglichkeit der Gefühle und des Unbewußten. Die (wohlgemerkt) zweischneidigen waffenartigen Schwerter sind ein Symbol für das ambivalente Denken, das harten Entscheidungen treffen und mit deren Konsequenzen umgehen muss. Und die Pentakel oder Münzen symbolisieren das Element Erde, das irdisch-materielle und natürlich das Geld. Waite hat den Fünfzack (Pentagramm) in die Symbolik der Münzen eingeführt und wollte damit deutlich machen, dass es bei den Pentakeln um mehr als nur materielle Güter geht: in der scheinbar leblosen Materie liegt der Abglanz des Geistig-Göttlichen verborgen.
 
Unterteilt man die großen Arkana in zwei Reihen von der I bis zur X und von der XI bis zur XX so erhält man stimmige (zweifache) Auslegungen Waites des kabbalistischen Baum des Lebens. Die zwei verbleibenden Karten 0 und XXI symbolisieren dabei jeweils die vollkommenen Anfangs- und End-Zustände, Alpha und Omega. Waite hielt nicht viel von der sonst üblichen Zuordnung der 22 Arkana zu den 22 hebräischen Buchstaben und den 22 Kanälen (Verbindungspfaden) des Lebensbaumes. Seiner Ansicht nach gab es dazwischen keine wirklich stimmige Beziehung. In seinem Buch „The Pictorial Key to the Tarot“ wies er deutlich auf diese Unstimmigkeiten (siehe Kapitel 3) hin. An anderer Stelle erwähnte er jedoch andere kabbalistische Zusammenhänge. Deutlich sichtbar werden sie zum Beispiel in II Die Hohepriesterin: der Lebensbaum als Vorhang in die fruchtbare (weibliche) Welt der 9. Sephiroth Jesod. Nicht nur, dass der Mond der 9. Sephiroth zugeordnet ist (er liegt der Hohepriesterin zu Füßen), - Jesod gilt in der Kabbala als Fundament des Lebens und des Lebensbaumes. Die beiden Säulen „Boas“ und „Jachin“ repräsentieren jeweils die linke und rechte Säule des Lebensbaumes. Jesod liegt auf der mittleren Säule dazwischen, so wie die Hohepriesterin. Und der Vorhang spielt auf den kabbalistischen „Schleier“ Paroketh an, der die esoterische Welt jenseits des Materiellen (10 Malkuth) verhüllt. Für Waite war die II neben 0 Der Narr die tiefgründigste und wichtigste große Arkana.
Während die 22 großen Arkana den Fokus auf die subjektive, innere Entfaltungs- und Erkenntniswelten des Menschen legen, zeigen die 40 kleinen Arkana die objektiven schöpferischer Naturkräfte.


 

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